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Aus dem Leben – Kinder hören nicht zu, sie ahmen nach

Da sitze ich in einer ruhigen Minute, Betonung liegt auf einer, auf der Terrasse, schlürfe einen Kaffee und blättere das neue Elternmagazin durch. Und mir sticht direkt auf den ersten Seiten dieses Zitat ins Auge:

„Macht euch keine Gedanken

darüber, dass eure

Kinder euch nie zuhören. Macht

euch lieber Gedanken

darüber, dass sie euch immer beobachten“

Robert Fulghum

aus de Leben 1

Kinder hören nicht zu, sie ahmen nach!

Meine Kinder hören zu, sie hören immer dann ganz genau zu, wenn das Gesagte eigentlich gerade nicht für ihre Ohren bestimmt ist. So erinnere ich mich an eine Situation mit meinem damals zweijährigen Sohn und seiner Babyschwester (diese schlafend) im Auto, als vor mir eine (bestimmt nette) Dame nicht so recht vorwärts kam. Wenn ich im Auto unterwegs bin, will ich von A nach B, meist habe ich es eilig, weil meistens kurz vorm Losfahren ein Kind noch mal die Windel vollmacht oder eins aufs Klo muss oder wir das Lieblingstier suchen müssen oder wie das eben so ist im Leben mit Kindern. Ich sitze also nicht für eine Spazierfahrt im Auto, sondern muss oder will wohin! Die besagte Dame vor mir hatte es scheinbar nicht so eilig, ich damals leicht genervt vor mich hin schimpfend: „Jetzt fahr´ doch mal, Du blöde Kuh!“
Mein kleiner Sohn auf dem Rücksitz schaut aufgeregt aus dem Fenster: „Mama, wo ist da eine Kuh?“

Oder wenn wir uns beim Essen über die Person XY unterhalten, uns über irgendetwas aufregen, da werden die Ohren der Kinder immer größer! Genauso, wenn wir morgens unter Zeitdruck stehen, ich einen Termin habe, der Große in die Schule muss, ich den Schlüssel in den Tiefen meiner Tasche suche und mir dann noch beim schnellen Abräumen des Frühstückstischs ein Glas Saft runterfällt, da rutscht mir schon mal das „Sch…Wort“ raus (ist ja auch menschlich irgendwie, immer ein kindgerechtes „oh Schande“ klappt da halt nicht). Schon kommt die Kleinste um die Ecke, blickt fragend „sch…e?“. Ja, sch…e! Das solltest Du gar nicht hören.

Ihr hört doch eigentlich gar nicht zu, oder?

Merke: Kinder hören sehr genau zu. Immer dann, wenn sie es eigentlich gerade nicht sollten. Aufforderungen wie „häng´ bitte Deine Jacke auf!“ oder „wasch´ Dir die Hände!“ oder „wie sagt man?“, wenn die Frau beim Bäcker ein Bonbon über die Theke reicht, das wird meist nicht gehört. Da gibt es wohl vorm Gehörgang eine kindliche Filterfunktion.

Dieses Zitat hat mich zum Nachdenken angeregt. Ja, sie lernen durch Nachahmung. Wir Eltern sind ihre Vorbilder!
Wasche ich mir immer vorm Essen die Hände, sage ich immer freundlich „Bitte“ und „Danke“ und grüße nett auf der Straße, dann ist für das für meine Kinder etwas Normales.

Wird in der Familie Essen als Genuss verstanden, werden regelmäßig gemeinsame Mahlzeiten eingenommen, lernt das Kind Tischmanieren fast von selbst und einen vernünftigen Umgang mit Lebensmitteln. Wird kein Wert auf gemeinsame Mahlzeiten gelegt, isst die Mutter eher nur schnell was nebenbei, der große Bruder vorm Fernseher, wird sich auch das kleine Geschwisterchen nicht brav an den Tisch setzen.

Entschuldigen. Schwer. Fällt uns allen schwer. Aber kann ich aufrichtig Fehler eingestehen und mich dafür entschuldigen, lebe ich dies vor, fällt es vielleicht auch dem Kind leichter, statt wenn es bei einem kindlichen Streit gröber zugeht, ein Kind weint, die Mutter des anderen sagt: „jetzt gibst Du ihm aber die Hand und sagst Entschuldigung.“
Schmollend wird das Kind dies wahrscheinlich tun, weil es muss, aber es tut ihm ja nicht wirklich leid.

Es gibt unzählige Beispiele, das fängt bei einer aufrechten Haltung an, geht über Verkehrsregeln bis hin zum Helmaufziehen beim Radfahren. Wir Eltern haben eine Vorbildfunktion.

Manchmal mache ich mir Gedanken, was passiert, wenn meine Kinder mal in der Pubertät in den „falschen Freundeskreis“ geraten. Glaube man kann dann einfach nur da sein und vermitteln „egal, was passiert, ich bin für Dich da!“, aber ich glaube auch, dass man nur in den jungen Jahren der Kinder seine Werte vermitteln kann, nicht nur durch strenge Erziehung und lange Erklärungen, denn da hören Kinder definitiv nicht zu, das können sie gar nicht, sondern durch Vorleben.

Aber Authentizität ist wichtig. Kinder haben ganz feine Antennen, diese kleine Wesen spüren sofort, wenn ich etwas mache, was mir eigentlich nicht entspricht. So darf auch mal das „Sch-Wort“ rausrutschen, weil an einem hektischen Morgen einfach alles schief geht. Es passiert dann auch, dass man zu unrecht laut wird, schimpft, alles menschlich. Das versteht und verzeiht auch ein Kind, wenn man dann später in Ruhe erklärt, warum man dieses gesagt oder jenes getan hat. Niemand ist perfekt, Eltern auch nicht, ich schon gar nicht.

Authentisch sein, das, was ich meinen Kindern an Werten vermitteln möchte, das, was ich möchte, was sie tun sollten, das muss ich selbst machen, vorleben und ggf. auch mal erklären. Aber zu viele Worte, zu viele Ausschweifungen, die werden wieder vorm Gehörgang gefiltert.

Erziehung ist schwer, es gibt unzählige Erziehungsratgeber, aber eben doch kein Patentrezept, jeder ist anders, jede Familie lebt anders. Aber ich kann mir selbst treu bleiben und mich hin und wieder an dieses Zitat erinnern und vielleicht „bewusster vorleben“!

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Toller Beitrag! Vorleben ist wichtig aber authentisch sein,ist noch wichtiger. Ich finde wir vergessen oft wie es ist ein Kind zu sein. Kinder merken alles, spüren alles und verstehen viel mehr als wir denken…

  2. Wunderbar geschrieben. Ich sehe es genauso. Wir pflegen einen liebevollen Ton zu Hause, sagen Bitte und Danke, Hallo und Auf Wiedersehen, wenn jemand nach hause kommt oder geht. Gerade ist es total witzig, unseren fast Dreijährigen zu beobachten, der immer ganz höflich auf die Frage:“Möchtest Du…dieses oder jenes..“ sagt.“Nein, Danke“. Schon das zeigt mir, das er etwas gelernt hat. Leider antwortet er auch so, wenn man ihn bittet, die Hände waschen zu gehen…hahaha. Egal, der erhobene Zeigerfinger ist, aus meiner Sicht, nicht immer angebracht…Kinder schauen sich so viel ab, die Guten, leider auch die schlechten Seiten…Liebe Grüße Kerstin

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